Digital oder analog: Gelernt wird vor Ort im Arbeitsprozess

Was verbirgt sich eigentlich hinter der Blase „digitale Kompetenz“ und wie definieren Unternehmen diesen Begriff für ihre täglichen Arbeit? Antworten auf diese Fragen lieferte der DiaLogisch Praxis-Treff im Sensorik-Netzwerk am 11. Februar 2020. Als Experten waren dieses Mal  DiaLogisch Praxis-Treff im Sensorik-Netzwerk Dr. Daniela Ahrens von der Universität Bremen und Johannes Guischard von der ANDREAS STIHL AG & Co. KG zu Besuch.

Digitale Kompetenz ist eine der acht Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen. Beschäftigte müssen mit digitalen Anwendungen umzugehen wissen und sich im digitalen Raum sicher und kompetent bewegen können. „Betriebliche Bildungsarbeit daher auf Anpassungsqualifizierung an technologische Entwicklungen zu reduzieren, wäre zu kurz gedacht“, so Dr. Daniela Ahrens vom Institut für Technik und Bildung der Universität Bremen, Expertin für „Arbeitsprozesse und berufliche Bildung“. In Forschungsprojekten hat sie u. a. das Thema „Kompetenzentwicklung in analogen und digitalen Arbeitswelten“ aufgearbeitet. Sie zeigte, wie weitreichend die Definitionen der „Digitalen Kompetenz“ sein können – vom „sicheren Umgang mit digitalen Geräten“ bis hin zur „Fähigkeit von Mitarbeitern“, auch die digitale Transformation eines Unternehmens vorantreiben zu können.

Berufsprofile sind mehr als technisch-funktionale Kompetenzbündel

Für Staunen sorgten auch aktuelle Zahlen, u. a. das Ergebnis einer BITKOM-Studie aus dem Jahr 2018: Jedes fünfte Unternehmen bietet keine Weiterbildung an. „Berufsprofile sind mehr als technisch-funktionale Kompetenzbündel“, so Ahrens. Sie prägen auch die Identität und den Lebenslauf des Einzelnen. In ihrem Resümee betonte sie zudem, dass insbesondere auch „nicht-maschinelle“ Kompetenzen gestärkt werden müssen. Hierzu zählt sie neben Kreativität den Umgang mit Nicht-Planbarem sowie soziale Kompetenzen und moralische Urteilsfähigkeit.

„Man muss nicht alles selber wissen, aber jemand anderen kennen, der es weiß“

Ein konkretes Beispiel aus der Praxis hatten Johannes Guischard und Valentin Hennig im Gepäck. Guischard verantwortet den Bereich der technischen Weiterbildung bei der STIHL AG & Co. KG (Waiblingen), Hennig (Art Based Learning) unterstützt bei der Umsetzung neuer Lernkonzepte im schwäbischen Unternehmen. „Die ‚Adaptive Lernprozessgestaltung‘ (ALP) steht für einen Weg, wie wir von der Wissensvermittlung, meistens formellem Lernen in Form von Seminaren, hin zur Potenzialentfaltung, Kompetenz- und Haltungsentwicklung kommen.“ Im Zentrum dabei: der Mensch als lernendes und gestaltendes Individuum. Das zu vermittelnde Wissen, eine Lernmethode oder ein Fachexperte stehen hierbei nicht im Vordergrund.

„Wir brauchen Lernprozesse, die Handeln sichtbar machen“, so Guischard. Deshalb wird in der ALP Gelerntes direkt wieder angewendet. Es entstehen für den Beschäftigten unter ihrer Mitwirkung „greifbare“ Lernprodukte beispielsweise in Form eines Lernvideos. Sowohl der Lernweg als auch die Lernziele sollen zur Situation und den Bedürfnissen der Lernenden passen – also adaptiv sein. Bei ALP wird deshalb mit allen am Lernen Beteiligten (Lernende, Auftraggeber, Unterstützer vor Ort, Fachexperten und Trainer) auf Augenhöhe ein Lernprozess gestaltet, der haltungsbasiert, beziehungsorientiert und handlungsreflektiert ist. Durch die Implementierung adaptiver Lernprozesse in die Arbeitswelt vor Ort wird Lernen wirksamer und leistet einen sichtbaren Mehrwert. Dieser Ansatz ist flexibel: Die Laufzeiten der Lernteams variieren, ein agiles Lernboard begleitet den ALP-Prozess. Nach jeder Lernetappe werden zudem Feedbackgespräche geführt.

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